Das Leben in Zeiten von Corona

Wie es mir geht? Danke, gut; wohl eher nicht.

Diese Frage ehrlich zu beantworten, fällt mir momentan schwer. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich, als wäre etwas in mir angeknackst. Als wäre ein Teil in meinem Inneren zu Boden gefallen, den man nicht mehr kitten kann. Dieser Teil ist wohl jener, den man Bauchgefühl nennt,  oder auch Optimismus und Zuversicht. Meine Fähigkeit zur Vorfreude hat auch gehörig gelitten. Es fällt so schwer, jeden Tag ins Bett zu gehen, mit der Sicherheit im Herzen, dass morgen ein guter Tag auf einen wartet. Selbst wenn sich die Erde weiterdreht und die Sonne wieder aufgeht, kann man nicht wissen, was das Schicksal für einen bereithält. Das Schwierige ist, dass man nicht mehr wirklich glauben mag, dass das, was auf einen wartet, auch etwas Gutes beinhalten kann. Ich fühle mich langsam wie ein Wildtier, das Menschen vertraut hat und dafür bestraft wurde, woraufhin es sich nicht mehr anfüttern lassen will. Wieso sollte die Welt wieder so werden, wie sie war? Aus genau demselben Grund, aus dem sie so geworden ist, wie sie sich gerade anfühlt? Das ergibt doch keinen Sinn.

Ich möchte nichts mehr, als mich wieder auf einen Alltag verlassen können. Aber ich traue mich nicht. Denn alles, woran man sein Herz hängt, tut umso mehr weh, wenn es einem genommen wird. Und so hänge ich weiter in der Luft. Versuche, mein treues und ängstliches Herz zur Vorsicht zu erziehen. Kann man sein Ich ändern? Oder bleibt man gleich, wenn alles beginnt, zu verschwimmen?

Wenn ich alte Texte von mir lese, frage ich mich, wer dieses Mädchen war, welches daran glaubte, die Welt verändern zu können. Diejenige, die alleine weit weg von zuhause war, und dort bleiben wollte, obwohl es ihr ehrlich schlecht ging. War die Welt damals auch schon so gemein? War das Mädchen einfach naiver, gutgläubiger? Kann ich heute auf ihre Erfahrungswerte zurückgreifen und mich trotzdem so viel schwächer fühlen als damals?

Warum kann die Welt keine Signale senden, dass sie für uns da ist? Wieso kann sich nicht irgendetwas wieder leicht anfühlen? Unbeschwert, und zwar ehrlich, nicht nur für ein paar Stunden, als Ablenkung? Dieses Vermissen einer Realität, die es nicht mehr gibt, diese Melancholie, diese schwere Luft, ich möchte sie nicht mehr spüren. Warum kommt sie dann immer zurück? Reichen wir für uns selbst aus, um uns zu retten? Und wenn wir alle im selben Boot sitzen und uns die Flut immer und immer wieder überrollt, haben wir dann Zeit, um Luft zu holen, und irgendwann mal wieder Boden unter den Füßen zu spüren? Momentan hat man nur Einfluss auf sich selbst, deshalb hoffe ich, dass durch die Risse, die in meinem Herz entstehen, das Licht durchscheinen kann. Hoffentlich nicht erst dann, wenn man sich wieder komplett sicher sein kann, dass man den Beginn eines neuen Jahres überhaupt feiern will.

 

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